Interview mit: Andreas Gruber

© Lukas Beck

Am 19. August erschien mit "Todesmal" der fünfte Teil der Todes-Reihe im Goldmann Verlag. Ich durfte dem Autor zur Veröffentlichung ein paar Fragen rund um diese Reihe und zu seiner Person selbst stellen.
 
🎙️ Du schreibst in verschiedenen Genres. Fällt dir eines schwerer, oder gehen dir alle gleich leicht von der Hand?

Richtig, die verschiedenen Genres sind Horror, Science-Fiction, Thriller und Abenteuer-Jugendbuch. Mir geht alles gleich leicht von der Hand, egal woran ich gerade arbeite, weil mir das Schreiben an sich großen Spaß macht. Und außerdem darf ich mir die Themen, worüber ich schreibe, selbst aussuchen, was meine Freude an der Arbeit nochmal steigert. Warum das alles so gut klappt, liegt vermutlich daran, weil ich durch diese abwechselnden Genres nie für mehrere Jahre ausschließlich auf eine einzige Schiene festgelegt bin. D.h. nach jedem abgeschlossenen Roman beginne ich mit etwas völlig Neuem, was mich motiviert, belebt und erfrischt. Anscheinend braucht meine Kreativität diese Abwechslung.

🎙️ Was bedeutet das Autorendasein für dich?

Es war schon immer, seit ich ein kleiner Junge war, mein Traumberuf, Schriftsteller zu werden und für andere Geschichten erfinden zu dürfen. Ich schreibe seit 1996, neben meinem Brotjob als Konzern-Controller, habe diesen Bürojob aber vor 5 Jahren endgültig aufgegeben. Seither bin ich hauptberuflich freier Autor. Und das bedeutet für mich, mich 7 Tage pro Woche intensiv um meine Bücher zu kümmern, inklusive Lesereisen, Recherchereisen, Arbeiten und Überarbeiten der Texte. Das bedeutet für mich die Freiheit, das zu tun, was ich glaube, dass ich am besten kann und mir am meisten Spaß macht. Geschichten und Charaktere zu erfinden. Und ich bin allen Lesern dankbar, dass ich diesen Beruf so ausüben darf.

🎙️ Hast du schon immer mehr zu Horror/Thriller tendiert?

Sagen wir so: Egal ob ich Thriller, Science Fiction, Grusel oder Jugendabenteuer schreibe, der Humor kommt nie zu kurz, aber es sind auch immer düstere und mystische Elemente dabei. Astreine humorvolle Regionalkrimis sind nicht mein Ding, wenn Krimis, dann schon harte Thriller. Ein wenig Horror darf da dann auch vorkommen, wenn es darum geht, in die Psyche des Täters – oder des Ermittlers – einzutauchen.

🎙️ Der erste Band der Todesreihe wurde dieses Jahr verfilmt. Wie gefällt dir das Ergebnis?

Constantin Film hat den ersten Teil der Maarten S. Sneijder Reihe im Auftrag von SAT.1 verfilmt und er wird noch Ende 2019 im TV um 20.15 Uhr ausgestrahlt werden. Was mich ein wenig verwundert, da der Film sehr hart geworden ist. Ich durfte ihn schon vorab sehen. Josefine Preuß spielt Sabine Nemez und der niederländische Schauspieler Raymond Thiry spielt Sneijder – beide sehr großartig in ihren Rollen. Das Drehbuch hat Verena Kurth verfasst und damit eine ganz großartige Leistung vollbracht: Alle 9 Morde aus dem Struwwelpeter-Buch, das als Vorlage des Killers dient, sind im 90 minütigen TV-Spielfilm umgesetzt worden, sowie alle wichtigen Schlüsselszenen. Mit Christopher Schier, der in Horrorfilmen sehr erfahren ist, war ein toller Regisseur am Werk. Mir hat der Film ausgesprochen gut gefallen – und ich durfte auch in einem kleinen Cameo-Auftritt in einer Haital-Buchhandlung vor der Kamera stehen – sozusagen ein Easter-Egg für die Fans.

🎙️ Sind weitere Verfilmungen geplant?

Falls der Film erfolgreich wird – das werden die Einschaltquoten am Ende des Jahres zeigen – sind weitere Verfilmungen der Reihe geplant. Es heißt jetzt also Daumen drücken.

🎙️ Dein neuestes Buch „Todesmal“ erschien am 19. August. Wie entstand die Idee dazu?

Die Grundidee dazu hatte ich schon seit vielen Jahren: Eine Nonne betritt das Bundeskriminalamt in Wiesbaden und stellt sich freiwillig. Sie behauptet, in den nächsten 7 Tagen 7 Morde zu begehen. Ab jetzt sitzt sie in U-Haft, und sie verhandelt nur mit einer Person: Mit dem Profiler Maarten S. Sneijder.

Das war die Ausgangssituation. Danach entstanden die Motive, die Taten und die Hintergründe Schritt für Schritt, bis ich ein 50 seitiges Exposé hatte, in das ich viele meiner Lieblingsszenen, über die ich schon immer schreiben wollte, eingebaut habe. Danach begann die Arbeit des Schreibens.



🎙️ Was unterscheidet diesen Teil von den anderen der Reihe?

Ja, er ist etwa anders, als die vorherigen Bände, da ich ja in jedem Band eine neue Facette zeigen möchte. Diesmal gibt es keinen zweiten Handlungsstrang, weil schon allein die Haupthandlung so komplex ist, und diesmal stellt Sneijder sein eigenes Ermittlungsteam zusammen – nach seinen Regeln! Dazu habe ich bereits ab Band 3 den Samen gesät, der jetzt geerntet wird. Fans der Reihe werden sich freuen, auf viele bekannte Gesichter zu treffen, wie den Schweizer Profiler im Rollstuhl Rudolf Horowitz, den polnischen Auftragskiller Krzysztof, Tina Martinelli oder den IT-Spezialisten Marc Krüger. Natürlich ist auch wieder BKA-Präsident Dirk van Nistelrooy dabei.

🎙️ Ist die Recherche bei jedem Buch ähnlich?

Nein, völlig anders, weil ich in jedem Buch ein anderes Thema beackere. Diesmal haben mich die Recherchen in ein Nonnenkloster geführt, den Orden St. Ursula, in die Radioonkologie eines Krankenhauses, in ein Blindeninstitut und in ein Tattoostudio.

🎙️ Mit Maarten S. Sneijder bekommt die Leserschaft einen recht exzentrischen, arroganten und zynischen Anti-Helden vorgesetzt. Warum hast du dich für diesen Charakter entschieden?

Dieser Charakter hat sich entwickelt. Nach „Rachesommer“, das der Auftakt für Walter Pulaskis und Evelyn Meyers’ Rache-Reihe war, wollte ich damals mit einem neuen Ermittler etwas völlig Anderes schaffen. Sneijder ist Profiler beim BKA, er ist schwul, klaut Bücher, hat Cluster-Kopfschmerzen, raucht Marihuana, ist ein Misanthrop, der alle Menschen außer sich selbst hasst, glaubt, dass er ein Genie ist, weil er die Methode des Visionären Sehens erfunden hat, hat aber auch einen Basset namens Vincent, den er über alles liebt.

Ich wollte damit etwas Originelles schaffen, eine eigenwillige Figur mit vielen Ecken und Kanten, die eine spezielle Methode entwickelt hat, die Sneijder-Methode, mit anderen Menschen in speziellen Dialogen umzugehen und auch zu ermitteln.

🎙️ Hast du versucht, mit Kommissarin Sabine Nemez eine ausgleichende Figur ins Spiel zu bringen, die völlig anders als Sneijder ist?

Natürlich braucht Sneijder ein Pendant und jemanden, der ihn in die Schranken weist und auf den Boden der Realität holt. Jemand, der ihm auf Augenhöhe begegnet, und das ist eine junge Ermittlerin, die er an der BKA-Akademie für hoch begabten Nachwuchs selbst unterrichtet und die später seine „Partnerin“ wird.

🎙️ Mit welchem Protagonisten kannst du dich selbst mehr identifizieren?

Jeder der beiden hat etwas Besonderes. An Sabine Nemez schätze ich die Zivilcourage und an Sneijder fasziniert mich, dass er Dinge tun und Sachen sagen kann, die ich mich nie trauen würde. Nemez ist mein Vorbild, Sneijder meine dunkle Seite.

🎙️ Und wie reagierten deine Leser bisher auf Nemez und Sneijder?

Die Leser haben lange Zeit, bevor ich es überhaupt registriert habe, gemerkt, dass hier ein Kultfigur-Duo ermittelt. Oder anders formuliert: Die Leser haben Sneijder & Nemez erst zu Kultfiguren gemacht – das ist mir erst viel später bewusst geworden.

Die beiden hatten bereits ihre treue Fangemeinde, als ich am dritten Band „Todesmärchen“ gearbeitet habe. Erst bei Lesungen habe ich auf Grund der Reaktion des Publikums gemerkt, wie liebevoll diese Figuren aufgenommen wurden und wie groß die Nachfrage war, mehr über sie zu erfahren.

🎙️ Dürfen wir uns denn noch auf weitere Teile mit den beiden freuen?

Ja, ich habe noch einige Pläne mit den beiden und Sneijders Team vor.

🎙️ Es gibt ja fast keine Steigerung mehr zu deinem großartigen Erfolg. Gibt es etwas, dass du unbedingt noch erreichen/schaffen möchtest?

Ich habe bereits mehr erreicht, als ich mir jemals – als kleiner Junge – erträumt habe. Ich wollte hauptberuflich Schriftsteller werden und davon leben können. Dieses Ziel habe ich erreicht. Alles was darüber hinaus noch gekommen ist – Verfilmung, Hörspiele, Übersetzungen ins Ausland – ist ein zusätzlicher Bonus, der mich sehr freut.

© Stefan Polss

🎙️ Möchtest du noch einige Worte direkt an deine Leserschaft richten?

Ja, gern: Ich möchte mich für die Lesertreue bedanken, für die zahlreichen Besuche bei meinen Lesungen, die mir immer großen Spaß machen, und möchte noch einen Hinweis loswerden: In meiner Krimi-Kurzgeschichtensammlung „Dinner in the Dark“ im Luzifer-Verlag, ermittelt Maarten Sneijder … äh, sorry … Maarten S. Sneijder in einer der 18 Crime-Storys in einem Mini-Fall.

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