Matthias A.K. Zimmermann - Kryonium

Was ist deine Realität?
 
Inhaltsangabe:

Gefangen an einem unbekannten Ort, schmiedet der Erzähler heimlich Fluchtpläne. Die Tatsache, ohne Erinnerungen zu sein, erschwert das Vorhaben. Doch der Drang, endlich auszubrechen aus diesem furchteinflößenden, schneeverwobenen Schloss, lässt ihn jedes Risiko eingehen. Und so gerät der Erzähler immer tiefer hinein in einen wirren Strudel aus rätselhaften Begegnungen und magischer Paranoia, die er spielerisch zu entschlüsseln hofft, was ihn letztlich zum Ursprung seiner Erinnerungen führt. Der All-Age-Roman ist ein technoides Märchen, das sich mit Virtualität auseinandersetzt und die Frage aufwirft, was Erinnerungen sind und was sie bedeuten. Nichts ist so, wie es scheint in der Geschichte und die Frage, was Realität ist, muss immer wieder neu überdacht werden. Mit einem Nachwort von Stephan Günzel. 


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Dieser Klappentext hat mich echt richtig neugierig gemacht. Wann hat man schon mal einen namenlosen Erzähler, der in einer Geschichte gefangen ist, die er selbst nicht kennt?

Es ist wirklich hart, hier nicht zu spoilern, denn wenn man gewisse Dinge verrät, kann man zu dementsprechenden Schlussfolgerungen kommen. Doch sind die alle richtig? 

 
Wir haben einen namenlosen, geschlechtslosen Protagonisten, der sich an einem Ort wiederfindet, an dem er gefangen ist. Zu viele Hindernisse, Monster, Fabelwesen, die ihm eine Flucht verwehren. Mal abgesehen von der Hierarchie. Und gibt es überhaupt etwas außerhalb des Schlosses und des gefürchteten Waldes?

In dieser Geschichte, die sich in keine Schublade stecken lässt, wie ein düsteres Märchen beginnt und sich zu einer traumatischen Erfahrung entwickelt, ist fast nichts so, wie es scheint. Und wenn doch, dann trifft es einen hart. Von Anfang an war die Atmosphäre, die diese Geschichte ausstrahlt - wenn man sie denn bloß Geschichte nennen kann - eine schwer bedrückende. Ich fühlte mit unserer Hauptfigur, in deren Psyche der Leser abtaucht, und der Gedanke zur Flucht - von welchem Ort auch immer - war für mich klar nachfühlbar.

"Jeder Tag scheint sich zu wiederholen. Es kommt mir vor, als sei ich in einer Zeitschleife gefangen. Meinem Tagesablauf noch irgendeinen Sinn abzugewinnen, scheint mir unmöglich geworden zu sein. Und wenn ich mein Befinden als Sinnbild formulieren darf, wie Sie es das letzte Mal mit der Schneekugel taten, dann wird der Takt meines Lebens von einer eisernen Uhrwerksmechanik bestimmt, die in einem vakuumabgedichteten Gehäuse isoliert ist und eine Zeit misst, die vom Klebstoff der Monotonie zusammengehalten wird; und je weiter die Zeit fortschreitet, desto mehr erstickt jegliche Hoffnung im Keim." (Zitat S. 140/141)
 

Der Schreibstil war durchaus anspruchsvoll und extrem detailiert. Szenerien, Orte, aber vor allem auch Gefühle wurden mir so krass rübergebracht, dass ich sie nachspüren konnte. Jeden einzelnen Charakter, das Schloss, in dem die Geschichte beginnt und zu was es wird, die Gespräche und Aufklärungen haben mich komplett überzeugt. Physikkenntnisse sind hier übrigens von Vorteil, wenn auch nicht zwingend notwendig. Es gibt hier und da einige versteckte Hinweise und Beschreibungen, die mich absolut fasziniert haben und schlussendlich so viel Sinn machten! Auch psychologisch wurde einiges rausgeholt.

Nichts ist, wie es scheint - und doch macht alles Sinn. Oder?

Persönliches Fazit: Wer ein Crossover aus düsterem Märchen, Science-Fiction und Gegenwartsliteratur mit überraschenden Plottwists und realistischen, fachkundigen Elementen sucht, sollte hier zugreifen! Ich bin jedenfalls restlos überzeugt. Allerdings sollte man beachten, dass diese Geschichte für manche (auch für mich) sehr bedrückend sein kann.
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Bibliografie:

Autor: Matthias A.K. Zimmermann
Verlag: Kulturverlag Kadmos Berlin
ISBN: 978-3-86599-444-8
Reihe: -
Genre: Roman
Erscheinungsdatum: 28.10.2019
Seitenanzahl: 324
Format: Hardcover: 19.90 €
Leseprobe: Blick ins Buch
Leseexemplar: Ja

Rezension: © Recensio Online, Alice
Cover Original: © Kulturverlag Kadmos Berlin


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