Niederländischer Bestseller und Gewinner des Libris 2019, dem wichtigsten Literaturpreis der Niederlande.
Die nahe Zukunft: Zwei 60-jährige Männer begeben sich auf eine geheimnisvolle Mission, deren wahren Zweck nur einer von beiden kennt. Der andere, ein zwischen Meditationskurs und Groll gefangener Schriftsteller, hat vor kurzem seine Mutter begraben. So beginnt kurzerhand eine Reise durch eine kuriose Welt, die sich für uns genau so ungewohnt anfühlt wie für den gealterten Erzähler: eine Welt mit bedingungslosem Grundeinkommen, gesprächigen selbstfahrenden Autos und ironischen Robotern. Gleichzeitig beginnt eine Reise in die Vergangenheit eines Sohnes, der nach dem Tod seiner Mutter Bilanz zieht. Die Fahrt ins Ungewisse wird letztendlich zu einer Suche nach der Kompatibilität von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Der gute Sohn ist ein Buch voller bizarrer Begebenheiten und unerwarteter Wendungen. Es ist Dystopie, Thriller, autobiographisches Zeugnis und absurder Road-Novel zugleich. Noch nie wurden existenzielle Themen wie Tod, Altern, Erinnern und Vergessen mit solch sprudelnder Leichtigkeit und solch trockenem Witz behandelt.
______________________
„Ich hätte mir Visitenkarten drucken lassen sollen, um sie an alle zu verteilen, sobald ich die Schiebetüren des Haupteingangs passiert hatte, an Krankenschwestern, Beschäftigungstherapeuten, Reinigungskräfte, Freiwillige. guten Tag, haben Sie schon meine Karte, ich bin der gute Sohn, schauen Sie nur, da steht es, Der gute Sohn, sehen Sie‘s?“ (Zitat, S. 144/145)
Dass dieses Buch kein typischer Fall für RO ist, ist jetzt wahrscheinlich den meisten klar. Trotzdem: Ich bin total begeistert von diesem Roman. Und das nicht allein, weil ich Schachtelsätze abgöttisch liebe! Aber Achtung, ich betone noch mal: Wir sprechen hier über einen Roman. Auch wenn Rob van Essen Elemente aufgreift, die gut und gerne in einen Thriller oder eine Dystopie passen, Psycho-Spannung, Action und Blutvergießen gibt es hier nicht.
Julie würde jetzt sagen, das Buch sei ein Fall für #malwasanderes
In sechs Kapiteln schickt uns Rob van Essen zusammen mit einem 60-jährigen Schriftsteller auf Reisen. Eine Reise führt uns in die Vergangenheit. Die andere entwickelt sich zu einem Roadtrip mit unbekanntem Ziel. Um den Grund für diesen Roadtrip zu verstehen, muss der Leser zusammen mit dem Ich-Erzähler in dessen Vergangenheit eintauchen. Während über Kunst, Religion sowie das Leben an sich philosophiert wird, erfahren wir auch, wie eben diese Themen das Leben des Protagonisten beeinflusst haben. Während er ein selbstbestimmtes Leben zu führen scheint, wünschte sich dessen Mutter zeitlebens nichts mehr als Unbeschwertheit, frei von Zwängen und Entscheidungen. Doch was, wenn es einen Geheimdienst gibt, der hier und da die Fäden in der Hand hält?
Intelligent und sprachgewaltig greift van Essen Themen auf, die noch immer viel zu oft Tabus unterliegen. Die Geschichte um einen Sohn, der über Jahre seine demente Mutter pflegt, rückt immer weiter in den Vordergrund. Dabei verliert van Essen aber nie den zweiten Handlungsstrang aus den Augen, der sich um eine Entführung, Diamanten und die neue Identität eines alten Freundes dreht. Mit überraschenden Wendungen löst der Autor geschickt den Grund des Roadtrips auf.
Die Charaktere des Romans sind facettenreich gezeichnet. Besonders der Schriftsteller als auch sein Jugendfreund Lennox sind überzeugend in ihrer Vielschichtigkeit und gewinnen so die Sympathie des Lesers. Die Zukunft, in der die Handlung spielt, scheint durch selbstfahrende Autos und Robotern, die beispielsweise die Rezeptionen in Hotels besetzen, zum Greifen nah und wenig futuristisch. Die Möglichkeiten, die sich jedoch durch diesen technischen Fortschritt ergeben und auch genutzt werden, lassen einem dann besonders zum Ende des Buches doch einen Schauer über den Rücken laufen.
Persönliches Fazit: Mich hat „Der gute Sohn“ voll abgeholt. Zwar liest sich der Roman nicht einfach so nebenbei. Er verdient und braucht die volle Aufmerksamkeit und Konzentration des Lesers. Wenn man sich aber darauf einlässt und nicht die Spannung eines Thrillers erwartet, dann ist Rob van Essens Werk ein wirkliches Erlebnis. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!
______________________
Bibliografie:
Autor: Rob van Essen
Verlag: homunculus
ISBN: 978-3-946120-63-6
Reihe: -
Genre: Roman, Belletristik
Erscheinungsdatum: 20.02.2020
Seitenzahl: 384
Format: Hardcover: 25,00 €
Leseprobe: Blick ins Buch
Leseexemplar: Ja
Rezension: ©️ RO, Franziska
Cover Original: ©️ homunculus Verlag
Grafikgestaltung: Sabrina
Tolle Rezension, das klingt nach einer faszinierenden Lektüre, die sich zu lesen lohnen dürfte. Das ist definitiv #malwasanderes
AntwortenLöschen