Christine Heimannsberg - Gelobtes Land


Eine Reise in eine Zeit, die uns vielleicht näher ist, als wir wahrhaben möchten.
 
Inhaltsangabe:

Die 18-jährige Lore lebt mit ihrer Familie in einem Europa, das nicht mehr so ist, wie es einst war. Durch das plötzliche Abbrechen der Polkappen ist die Welt aus den Fugen geraten, die Menschen hungern, Strom und fließend Wasser gibt es auch schon lange nicht mehr und all dieses Elend wird von großen archaischen Clans beherrscht. In dieser Welt zählen Mädchen nicht viel: Sie müssen mit 19 heiraten und einen eigenen Clan gründen oder werden von ihren Angehörigen verstoßen, während Jungs das höchste Gut für eine Familie sind. Lore ist jedoch optimistisch, denn sie hat einen wunderbaren Freund, Jul, den sie heimlich trifft, und die beiden träumen davon im nächsten Jahr ihre Liebe zu besiegeln. Doch als Lores jüngerer Bruder Jame einen Clan-Anführer tötet, um seine Mutter zu beschützen, ist klar, dass er schnell untertauchen muss. Es wird Lore zur Aufgabe gemacht, ihn in das Gelobte Land zu bringen, um das viele Geschichten kursieren. Doch was wird aus ihr und Jul? Und gibt es das Gelobte Land überhaupt?
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Das Buch hat mich gereizt, da es zum einen mit dem Klimawandel ein sehr aktuelles, wichtiges Thema behandelt, zum anderen fand ich den Klappentext sehr ansprechend. Ich hatte ein wenig Bedenken, dass es vielleicht durch die Liebesgeschichte etwas schnulzig werden würde, das war aber zu keiner Zeit der Fall. Viel mehr haben die Rückblicke und Träume über Jul, die Lore zwischendurch auf der Reise hat, einem das Herz schwer gemacht.

Der Plot ist gut ausgeklügelt und abgestimmt, es kommt zu vielen guten wie bösen Überraschungen und es ist rundum eine spannende Geschichte über Liebe, Freundschaft und vielleicht auch Hoffnung.

Die Autorin schreibt flüssig, in kurzen, aber bild- und emotionsgeladenen Sätzen, die einen nur so durch das Buch fliegen lassen.

Die Charaktere sind wunderbar beschrieben, dass man sie fast vor sich sehen kann und ihre Emotionen deutlich spürt. Sehr berührt hat mich zum Beispiel die Darstellung von Lores jüngerer Schwester Lives, die so sehr darauf bedacht ist, nicht wahrgenommen zu werden, dass sie nicht mehr spricht und sich so unscheinbar benimmt, dass man sie fast für einen Geist halten könnte.
Auch die "Puppenfamilie" ist beeindruckend dargestellt, so dass ich sie detailliert vor Augen habe.

Es gibt viele Momente, die einen sehr traurig und auch wütend machen, z.B. ist schockierend, wie verächtlich und desinteressiert selbst die eigenen Mütter ihre Töchter behandeln, obwohl sie "nur" Frauen sind. Und Männer denken, unverheiratete Frauen nach dem 19. Lebensjahr wären wertlos und sie könnten mit ihnen machen, was sie wollen.

Das Trauern einiger Frauen und damit verbundene Verhaltensweisen, um sich ihren Gefühlen aus der Vergangenheit zu entledigen, waren sehr detailreich und ergreifend beschrieben und gingen mir, wie einiges andere in dem Buch, sehr nah. Durch ihren fantastischen Schreibstil ist es der Autorin gut gelungen, mich in diese beklemmende Stimmung hineinzuziehen und dennoch dem Titelteil „Hoop“ gerecht zu werden.

Lore ist unglaublich tapfer und versucht trotz aller wirklich schrecklichen Umstände, Vorkommnisse und vor allem eigener Sehnsüchte und Bedürfnisse ihren Bruder und sich durchzubringen. Dies macht ihr die Umwelt (aber auch ihr Bruder) nicht immer leicht, denn Jame ist geprägt von diesem widerlichen Geschlechterbild. Mir gefällt es gut, wie authentisch die Gefühle und Gedanken, Zwiespälte und Sehnsüchte von Lore geschildert werden. Ich konnte mich perfekt in sie hineinversetzen. Gefühle wie Hunger und Durst werden so gut beschrieben, dass ich froh war, etwas zu trinken neben mir stehen zu haben und es gleich doppelt so gut geschmeckt hat. Auch die weiteren Charaktere sind sehr realistisch und einige davon hasst man abgrundtief, andere schließt man sofort ins Herz.

Die Reise von Lore und Jame hält viele Wendungen bereit und zum Ende hin wird es nochmal richtig spannend, man hofft und bangt nur noch, weshalb ich das Buch kaum mehr aus der Hand legen konnte.

Etwas, das mir außerdem besonders gefällt, sind die Namen der Charaktere, welche sich sehr ursprünglich, kraftvoll und stolz anhören und wunderbar in diese "neue" Welt passen. Ebenso die bildhaften Beschreibungen von Orten sind teilweise atemberaubend. Es gibt z.B. eine Stelle in einem Wald, wo Autos seit Jahren wild überwuchert sind und sich die Natur ihren Platz zurückerobert. Dieser Ort ist wunderbar dargestellt und hat für mich fast etwas Magisches.

Persönliches Fazit: Für mich ein sehr gelungenes Buch, das ich wirklich jedem empfehlen kann, der gerne in eine düstere Welt abtaucht, die jedoch auch genügend Raum für das Gute und die Hoffnung lässt! Ich freue mich sehr auf den nächsten Teil!

© Rezension, 2019, Alice
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Bibliografie:

VerlagSelfpublishing / ISBN: 978-9463674416
Genre: Dystopie, Jugendroman
Erscheinungsdatum: 28.09.2018 (2. Auflage)
Seitenanzahl: 340
Format: Taschenbuch: 12,99 € / E-Book: 3,49 € (Kindle Unlimited verfügbar)
Reihe: -
Leseexemplar: Ja
 

3 Kommentare:

  1. Tolle Rezi! Klingt sehr gut und wandert postwendend auf meine Wuli

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  2. Obwohl nicht mein Genre, würde mich das Buch nach dieser tollen Rezi interessieren!

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  3. Hm.. geht ja so ein bisschen in Richtung "Tribute von Panem" oder nicht? Jetzt bin ich neugierig

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