Gert Nygårdshaug - Mengele Zoo

„Der Dschungel schützt die Menschen, wenn die Menschen ihn schützen.“

Inhaltsangabe:

Mino, ein Junge aus dem lateinamerikanischen Regenwald, steht vor den Trümmern seiner Heimat: Das Militär hat sein Dorf vernichtet und seine Familie getötet. Er flieht in den Dschungel, wo ihn der Wander-Zauberer Isidoro aufnimmt. Während der Lehrjahre mit Isidoro muss er erleben wie skrupellose Konzerne den Regenwald ausweiden, Ureinwohner vertreiben und das Volk schikanieren – unterstützt von korrupten Politikern.
Als auch Isidoro getötet wird und Mino fliehen muss, sinnt der Junge auf Rache. Der Überlebende wird zum Täter. Gemeinsam mit drei Freunden gründet er eine Terrororganisation, die weltweit mit raffinierten Morden die Menschen zum Umdenken bewegen will.
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Es ist schwer, meine Gedanken in Worte zu fassen. Eine Geschichte aus dem Jahr 1989 ist jetzt, 30 Jahre später, mehr als aktuell. Die Ereignisse sind erschreckend real geschildert. Basiert alles auf Zahlen, Daten, Fakten? Ich weiß es nicht. Ist aber auch egal, denn die Message ist so oder so wichtig:

„Alle sterben, wenn der Urwald stirbt.“ (Zitat S. 178)

Mino verlebt eine glückliche Kindheit im Urwald. Bis eines Tages Macht und Geldgier alles zerstören, was er hat: den Dschungel. Und mit ihm Familie, Freunde, die Liebe und sein Leben. Mit dem Zauberer Isidoro, der sich seiner annimmt, erlangt sein Alltag über viele Jahre hinweg wieder so etwas wie Normalität. Er lernt das Zaubern und reist mit seinem Meister von Stadt zu Stadt. Irgendwann erfüllt Mino sich einen Traum: Ein Haus am Meer.
Und wenn man gerade denkt, dass der kleine Junge, der schon so viel Schweres verkraften musste, endlich angekommen ist, geht es richtig los.

„Sobald du einen neuen fruchtbaren Flecken Erde findest, sind die Gutsbesitzer mit ihren feinen Papieren und besiegelten Dokumenten zur Stelle, und die Armeros setzen dir die Gewehrmündung zwischen die Augen und führen dich in Ketten zu den Rattenlöchern der Hauptstadt.“ (Zitat S. 13)

Minos Entwicklung zieht sich durch das gesamte Buch und ist sehr interessant. Vom kleinen, unschuldigen Indianerjungen, der sein Dorf beschützen will, wird er zu einem Teenager, ehrgeizig und integer. Während seines Studiums merkt er, dass er vom Hass angetrieben wird. Er findet gleichgesinnte Kommilitonen. Zwischen Anschlägen, Reichtum und Sexorgien kommt der "alte" Mino zwar immer wieder zum Vorschein, wird aber immer blasser. Obwohl ich den Tenor des Buches sehr eindringlich fand, sind mir im letzten Drittel alle Sympathien für Mino verloren gegangen.

„Mino und sein Vater waren sich einig: Etwas Vollkommeneres als einen Schmetterling mit ausgebreiteten Flügeln, gefangen in ewiger Unbeweglichkeit, hatten sie noch nie gesehen.“ (Zitat S. 12)

Und so wird dies das Zeichen seiner Terrorzelle. Wo er zuschlägt, finden sich bei den Opfern die schönsten Schmetterlinge. Während anfangs "nur" die sterben sollten, die an der Zerstörung des Urwalds beteiligt sind, werden bei den späteren Attentaten auch unschuldige Menschen getötet und als Kollateralschaden in Kauf genommen. Alles in allem empfinde ich seine Entwicklung als sehr negativ. Der Übergang von Defensive, Rache und radikalem Hass ist schleichend – und im Buch sehr gut dargestellt. Ist Mino ein kaltblütiger Mörder, oder nur ein Rächer? Oder ist Minos Entwicklung eine Parallele zur Gier des weißen Menschen: einer geht noch?

„An die Toten dachte Mino kaum. […] Er empfand weder Trauer noch Schuld. […] Eine Peperomie vom Stamm zu reißen und zu zertreten war brutaler, als einem Dutzend Gringos den Kopf abzuschlagen. Aus Sicht des Planeten.“ (Zitat S. 245)

Überwiegt das edle Motiv, oder die Tat? Das soll der Leser selbst entscheiden. An einer anderen Sache lässt der Autor aber keine Zweifel: Die Zerstörung des Urwalds muss ein Ende finden. Die Geschichte ließ sich überwiegend flüssig lesen. An manchen Stellen gestaltete es sich etwas langwierig, insbesondere wenn die politischen Diskussionen zu ausschweifend wurden. Trotzdem konnte ich das Buch nicht aus der Hand legen. Spannend? Nein. Aber man wollte ständig wissen, wie Mino sich schlägt.

„Der Mensch in seiner grenzenlosen Dummheit und egoistischen Boshaftigkeit war sicher eine Ausnahme im Universum.“ (Zitat S. 244)

Der Autor hat sich hier ein Thema ausgesucht, was ihm anscheinend sehr am Herzen liegt. Ob die Einschübe seine eigene Meinung widerspiegeln oder nicht, sei dahingestelt. Fakt ist: sie sind wahr. Das ist das Traurige. Man kann es nicht abstreiten. Man soll sich während der Lektüre unwohl fühlen, soll sich fragen, zu welcher Seite man gehört. Soll zugeben, dass sich im Grunde genommen nichts geändert hat an der Situation im Dschungel. Und dass die Wohlstandsgesellschaft, deren Motto „höher, größer, weiter, mehr“ lautet, daran schuld ist.

Persönliches Fazit: Ein wichtiges Buch mit einem aktuellen Thema. Ungeschönt, gesellschaftskritisch und authentisch.

Danke an digitalpublishers für das Buch!

© Recensio Online, Rezension, 2019, Katharina
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Bibliografie:

Autor: Gert Nygårdshaug
Verlag: Vida Verde Verlag / ISBN: 978-3982052205
Genre: Roman
Erscheinungsdatum: 18.03.2019
Seitenanzahl: 448
Format: Hardcover: 19,90 € / E-Book: 6,99 €
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Reihe: -
Leseexemplar: Ja

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