Vor
einem Gericht geht es nicht immer nur um Recht.
Inhaltsangabe:
Wer in
gut 40 Tötungsfällen vor Gericht verteidigt hat, weiß, was Männer
dazu bringt, einem anderen Menschen das Leben zu nehmen. In seinem
zweiten Buch »Mörder« zeigt Strafverteidiger Veikko Bartel die
männliche Seite des Tötens und schildert die sechs spektakulärsten
Fälle. Er erzählt mitreißend von den Hintergründen, den
seelischen Untiefen und den biographischen Tragödien, die sich
hinter den Taten verbergen. Einmal mehr stellt der Autor die Frage
nach Gerechtigkeit und beweist mit jeder Geschichte: Kein Krimi ist
so spannend wie die Realität.
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Mehr
oder weniger direkt im Anschluss an „Mörderinnen“ durfte ich das
Gegenstück „Mörder“ lesen. Hier geht es um sechs Fälle, in
denen der Autor männliche Täter verteidigt hat. Die Frage bleibt
jedoch hier dieselbe: Warum töten Menschen?
Jeder
Fall beginnt mit dem Urteilsspruch. Was hat der Angeklagte sich zu
Schulden kommen lassen, ist die Strafe angemessen? Beim Lesen des
ersten Kapitels habe ich mich ertappt, wie ich die Augenbrauen
hochgezogen habe und dachte: „Ist das wirklich fair?“. Gefolgt von:
„Das kann doch nicht wahr sein.“ Doch „Mörderinnen“ hat mich
gelehrt, nicht zu vorverurteilen, also habe ich versucht, möglichst
unvoreingenommen an die Kapitel heranzugehen.
Ich
bin dennoch nicht umhin gekommen, ein vergleichendes Fazit zu ziehen:
Töten Frauen anders als Männer? Frauen planen anders, und ich
persönlich habe das Gefühl bekommen, dass sie auch kaltblütiger
morden, wahrscheinlich, weil sie viel emotionaler handeln. Meinem
Empfinden nach wurde deshalb in „Mörderinnen“ mehr auf die
psychologische Sicht eingegangen. Das hat mir hier gefehlt, ändert
jedoch nchts an meiner Bewertung.
„Strafverteidigung
lebt man, oder man lässt es bleiben. Sie ist rücksichtslos, ein
Raubtier. Sie verschlingt Dich mit Haut und Haaren.“ (Zitat S. 9)
So
kommt es, dass Veikko Bartel auch nach Indien reist und dort einen
Mandanten vertritt – mit überraschender Hilfe durch den indischen
Richter. Dieser Exkurs war für mich sehr spannend, sieht man doch
wieder einmal, was für ein Luxus ein unbestechliches und klar
geregeltes Rechtssystem ist.
In
diesem Buch gab es die volle Bandbreite. Wie schon in „Mörderinnen“
sind auch hier die Kapitel kurz und knapp den Angeklagten
bezeichnend: der betrogene Finanzbeamte, das Genie, der Drücker.
Während der eine sein Leben und das seiner Familie retten möchte,
kann sich der andere nicht an die Tat erinnern: ein Streit, Filmriss,
und am nächsten Morgen die grausame Wirklichkeit.
Die
Fälle sind packend, mit klarer Sprache geschrieben. Das Buch ist
weder reißerisch noch aufhetzend. Vielmehr werden die Geschichten
hinter dem Fall neutral erzählt und sind dennoch berührend.
Passend zu der schnörkellosen Sprache besticht auch
das Cover mit seiner
Schlichtheit: die Silhouette eines Mannes mit Kapuze auf weißem
Hintergrund.
„Habe
ich ein Gewissen? Zumindest ein Rudiment davon?“ (Zitat S. 226)
Das Letzte
Kapitel wirkt wie ein Epilog. Als Strafverteidiger musste Veikko
Bartel sich sicher unzählige Male die Frage anhören: „Aber wie
kann man guten Gewissens einen Mörder verteidigen?“ Er stellt die
Gegenfrage: „Was wäre, wenn es sich bei dem Angeklagten um deinen
Sohn, Mann, Vater handelt?“ Und schon hat er mich wieder zum
Nachdenken gebracht. Denn jeder ist doch jemandem wichtig, also warum
sollten wir, die nicht hinter die Kulissen schauen können, jemand
anderen verurteilen? Den Sohn, Mann, Vater eines anderen Menschen?
Haben sie nicht genau dieselben Rechte wie alle anderen?
Er reißt hier
kurz Fälle an, die ihn in einen Zwiespalt gebracht haben und lässt
das Buch bewusst mit einem Satz enden, den jeder für sich
beantworten muss. Ich stimme der Aussage nicht zu – denn nach der
Lektüre der beiden Bücher weiß ich: Es gibt auch im Strafrecht
nicht nur Schwarz und Weiß. Hinter jeder Fassade gibt es eine
Geschichte. Und was heute richtig ist, kann morgen schon falsch
sein.
Persönliches
Fazit: Als
Verteidiger steht man seinen Mandanten immer zur Seite – egal, wo;
egal, welchen.
Auch
hier ist mal wieder klar geworden: Kastendenken ist nicht in Ordnung,
eine Medaille hat immer zwei Seiten.
© Recensio Online, Rezension, 2019, Katharina
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Bibliografie:
Autor:
Veikko Bartel
Verlag:
Mosaik / ISBN: 978-3442393485
Genre:
Gesellschaft, True Crime
Erscheinungsdatum:
04.03.2019
Seitenanzahl:
256
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Ja
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