John Marrs - The Passengers

»In zwei Stunden und dreißig Minuten sind Sie höchstwahrscheinlich tot.«

Inhaltsangabe:

»Guten Morgen, Claire. Sie dürften bemerkt haben, dass sich Ihr Fahrzeug nicht mehr unter Ihrer Kontrolle befindet. Ab sofort bestimme ich, wohin Ihre Fahrt geht. Im Augenblick gibt es nur eines, das Sie wissen sollten: In zwei Stunden und dreißig Minuten sind Sie höchstwahrscheinlich tot.« Als die hochschwangere Claire Arden diese Worte aus dem Lautsprecher ihres nagelneuen selbstfahrenden Autos vernimmt, hält sie es zunächst für einen schlechten Scherz. Schnell stellt sich jedoch heraus, dass sie tatsächlich in ihrem Wagen gefangen ist. Und sie ist nicht die Einzige – noch sieben weitere Passagiere sind in derselben Situation: Die Systeme ihrer Autos wurden geknackt, und nun befinden sie sich auf einem fatalen Kollisionskurs. Doch damit nicht genug: Der Hacker streamt das ganze live im Internet, und die Zuschauer entscheiden über Leben und Tod der acht Passagiere …

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Mensch oder Maschine – nach diesem Thriller wird man sich fragen, ob man in Zukunft wirklich alles in nicht-menschliche Hände geben möchte. John Marrs‘ neues Werk spielt in einer nahen Zukunft, in der es nur noch selbstfahrende Autos gibt. Man ist kein Fahrer mehr, sondern nur noch Passagier. Die als sicher angepriesenen Fahrzeuge zeigen nun eine Schwäche: Die Systeme von acht Autos werden manipuliert und die Insassen vom Hacker in den Tod geschickt. Fremde Menschen entscheiden nun über deren Schicksal.

Die wechselnden Perspektiven sorgen anfangs zwar für ein wenig Verwirrung, weil so viele neue Charaktere eingeführt werden. Doch was sich schon in „The One“ bewährt hat, führt auch hier zum Ziel, und so finden die einzelnen Personen am Ende in das große Ganze. Gut hat mir gefallen, dass es ab und an einen kleinen Querverweis auf „The One“ gab.

„Wir haben zugelassen, dass unser Leben Tag für Tag von Entscheidungen bestimmt wird, die Systeme künstlicher Intelligenz für uns treffen. […] Wir haben der Menschheit ihre Menschlichkeit geraubt.“ (Zitat) 


Durch die Autonomie ist ein Versagen der Technik ausgeschlossen, sodass als Verursacher stets nur der Mensch in Frage kommen kann. Im Laufe der Geschichte erfährt der Leser einiges über die Programmierung der Autos (nein, das ist nicht so langweilig, wie es sich jetzt anhört, sondern wurde super in die Story integriert) und kann daher selber zu einem Mitglied der Versammlung werden.

Die Charaktere sind so gut ausgearbeitet, wie sie es sein können, wenn es eine Vielzahl von ihnen gibt. Der Autor geht kurz auf jede Figur ein, dennoch bleiben sie insgesamt ziemlich blass. Überflüssig fand ich den Cadman, das Verbindungsglied zwischen der Kommission und der Öffentlichkeit. Nicht nur, dass er völlig gefühllos war. Seine Spezifikation, die er anfangs groß und breit erklärt, kommt im weiteren Verlauf gar nicht richtig zum Tragen. Er gibt lediglich die Daten weiter, die sein Computer sammelt – dafür nimmt er zu viel Platz in der Geschichte ein.

Es stehen aber weder die Möglichkeiten der Zukunft noch die Gefahren des Social Webs im Vordergrund, sondern der Mensch. Die Opfer, die in den Tod gefahren werden, wurden nicht zufällig ausgewählt. Dem Leser wird hierbei außerdem vorgeführt, dass man einen Menschen nicht anhand einer einzigen Momentaufnahme beurteilen soll.

Die kurzen Kapitel beginnen jeweils mit einer Besonderheit und animieren dadurch zum Weiterlesen. Man möchte wissen, was es mit der Information, die man bekommt, auf sich hat.

Dass Marrs seit vielen Jahren als Journalist tätig ist, merkt man an seinem Schreibstil. Er besitzt eine angenehme, abwechslungsreiche Ausdrucksweise und verzichtet auf detailverliebte Ausschweifungen. Stattdessen kommt er zum Punkt, wenn es nötig ist, und verpasst dramatischen Szenen gekonnt den nötigen Thrill. Präzise und effektiv - wie ein Stich mit der Akkupunkturnadel.

Persönliches Fazit: Ein raffinierter und temporeicher Thriller, der der Bedeutung von Schuld und Wertigkeit eines Menschenlebens einen neuen Blickwinkel gibt und gesellschaftskritische sowie moralische Fragen aufwirft.
Es bleibt zu hoffen, dass unsere Zukunft mit autonomen Fahrzeugen nicht so aussehen wird.
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Bibliografie:

Autor: John Marrs
Verlag: Heyne
ISBN: 978-3453320727
Reihe: -
Genre: Thriller
Erscheinungsdatum: 09.06.2020
Seitenanzahl: 496
Format: PB: 14,99 € / E-Book: 11,99 €
Leseprobe: Blick ins Buch
Leseexemplar: Ja

Rezension: © RO, Katharina, Julie
Cover Original: © Heyne Verlag

Verwendung einer Grafik von pixabay

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