Interview mit: in_buechern_leben

Bist du glücklich in deinem Zuhause, oder wo würdest du gerne hinziehen?

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe schätzte zuletzt, dass in 2020 etwa 45.000 Menschen in Deutschland auf der Straße gelebt haben. Die Zahl der hier als wohnungslos Geltenden liegt bei fast einer Million. Es sind Menschen, die in Kellern leben, in Garagen - oder in Autos. Einer von ihnen ist Jessi.

Jessi ist 31 Jahre alt, kommt ursprünglich aus Sachsen Anhalt, arbeitet seit 2013 als Autorin und zog Anfang 2019 zusammen mit ihrem Mann und ihrem Hund in ein kleines Auto.

"Ich hatte anfangs ein ganz normales Leben, habe aber irgendwann gemerkt, dass ich nirgends so recht reinpasse und das Gefühl "anzukommen" irgendwie nicht einsetzen wollte."

Sie erzählt von ihrer Kindheit, Mobbing, Panikattacken und sozialer Ausgrenzung. Ein Schicksal, das sie geprägt hat und den Wunsch nach Freiheit, Ruhe und dem Glücklichsein aufkeimen ließ.

"Es war eine gute Entscheidung. Ich konnte endlich wieder durchatmen und bekam die Chance, mich selbst endlich kennenzulernen. Ich bin sehr unabhängig, ich habe im Grunde keinerlei Termine und Pflichten, wodurch ich echt eine sehr inspirierende Ruhe gefunden haben und eine große Zufriedenheit und Dankbarkeit entwickeln konnte."

Allerdings hat dieses neue Leben auch Schattenseiten.

"Es fragt kaum jemand, wie es mir geht, und ich habe gemerkt, dass ich auch oft körperlich leide (Hunger, Kälte, Schmerzen in den Beinen), dies aber als Antrieb für mein Schreiben nutze und vermutlich auch brauche. Autoren haben einen Hang zum Verrückten und Selbstzerstörerischen, von daher möchte ich nicht unbedingt als Vorbild angesehen werden. Jeder muss sich seinen eigenen Weg suchen und erkennen, mit welchen Dingen er leben kann und mit welchen eben nicht. Im Winter vermisse ich vor allem eine Heizung und ein warmes Bad. Aktuell ist das Wasser in Seen und Bächen echt eiskalt ..."

Zum Thema Bücher erzählte mir Jessi, dass sie auf Bücherschränke zurückgreift. Horrorgeschichten, Jugendthriller, Klassiker und alte Whydunnit-Krimis stehen weit oben auf ihrer Liste. Die Buchbesprechungen dazu findet ihr auf Instagram: @in_buechern_leben. Der Account habe ihr geholfen, Gleichgesinnte kennenzulernen und sich mit Autoren und Lesern auszutauschen. "Ich fände es schön, wenn wir irgendwann in einer Gesellschaft leben könnten, in der wir uns allesamt nicht verbiegen müssen und in der jeder einfach so akzeptiert wird, wie er ist."

Unter ihrem richtigen Namen (Jessica Swiecik) hat sie bei einem kleinen Verlag angefangen und dort zwei Jugendthriller veröffentlicht, ist dann aber zum Selfpublishing und damit auch schnell zu Amazon gewechselt. Hier schreibt sie nun unter dem Namen Jeidra Rainey und verbringt die meiste Zeit in der fiktiven Stadt Rainfield, in der so einige unheimliche Dinge passieren. Es sind vorwiegend Geschichten für Teenager mit gruseligen Elementen, aber es geht doch zentral immer wieder um Mobbing, Ausgrenzung und andere Jugendprobleme.

Jessi schreibt schon seit 20 Jahren alles handschriftlich und das Abtippen ist durch ihre Lebenssituation etwas herausfordernder geworden, aber sie gibt nicht auf. Sie hofft, in diesem Jahr ihr aktuell schon 300 handschriftliche Seiten umfassendes Manuskript herausbringen zu können, in dem sie sich etwas vom Paranormalen gelöst hat und sich in die "Slasher"-Richtung bewegt. In Rainfield wird es also demnächst Blut regnen.

Falls ihr Jessi und ihre Bücher kennenlernen möchtet, besucht sie gerne auf folgenden Seiten:


Darüber wird sie sich riesig freuen!

Und was wünscht sie sich für die Zukunft?

"Ich wäre schon zufrieden, wenn ich einfach weiter leben, schreiben, lesen, häkeln und durchs Wandern/Geocaching viele tolle Orte entdecken darf. Durch Sue Monk Kidds Buch "Die Bienenhüterin" hat sich bei mir im Kopf allerdings der Wunsch festgesetzt, irgendwann einmal Bienen zu haben. Etwas Privatsphäre wäre in mancherlei Hinsicht auch ganz schön. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, in ein "normales" Wohnverhältnis zurückzukehren. Mein großer Traum wäre eine kleine, einsame Hütte im Wald oder am See, wo ich einfach schreiben und ich selbst sein darf. 
 
Ich bedanke mich ganz herzlich für diese interessanten Fragen, die mich dazu gebracht haben, mein eigenes Leben noch einmal ehrlich zu reflektieren. Herzlichen Dank für diese einmalige Möglichkeit und an alle: Zieht einfach euer Ding durch. Ihr habt nur dieses eine Leben!"
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© RO
 

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