Das Tagebuch der Anne Frank



Pflichtlektüre!

Inhaltsangabe:

Anne Franks Tagebuch, weltbekannt und geliebt, liegt jetzt in einer völlig neuen Fassung vor: »Das Tagebuch der Anne Frank: Graphic Diary. Umgesetzt von Ari Folman und David Polonsky« ist eine einzigartige Kombination aus dem Originaltext und lebendigen, fiktiven Dialogen, eindrücklich und einfühlsam illustriert von Ari Folman und David Polonsky. Beide bekannt für ihr Meisterwerk »Waltz with Bashir«, das u.a. für den Oscar nominiert war. So lebendig Anne Frank über das Leben im Hinterhaus, die Angst entdeckt zu werden, aber auch über ihre Gefühle als Heranwachsende schreibt, so unmittelbar, fast filmisch sind die Illustrationen. Das publizistische Ereignis zum 70. Jahrestag der Erstveröffentlichung, autorisiert vom Anne Frank Fonds Basel.
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20. Juni 1942: „Es ist für jemanden wie mich ein eigenartiges Gefühl,
Tagebuch zu schreiben. Nicht nur, dass ich noch nie geschrieben habe,
sondern ich denke auch, dass sich später keiner, weder ich noch ein
anderer, für die Herzensergüsse eines dreizehnjährigen Schulmädchens
interessieren wird“. Doch es kommt ganz anders. Es wird eines der
berühmtesten Tagebücher der Welt.

Das jüdische Mädchen Anne Frank versteckt sich vor den Nazis während der Besetzung der Niederlande. Nach 2 Jahren wird sie entdeckt. 1945 stirbt sie im KZ Bergen-Belsen. Von ihrem 13. Geburtstag am 12. Juni 1942 bis zum Moment des Überfalls der Nazis auf das geheime Nebengebäude, in dem sie sich mit ihrer Familie versteckt hatte, führte sie Tagebuch. Dieses wurde bisher in 60 Sprachen übersetzt und mehr als 30 Millionen Exemplare verkauft.

Im ersten Tagebuch-Monat, bevor sich die Familie versteckt, handelt es sich um die Geschichte eines klugen, aufgeschlossenen Schulmädchens, das die stetig wachsende Bedrohung der niederländischen Juden kaum wahrnimmt. Ihr Leben wirkt unscheinbar und normal, wie das ihrer Klassenkameraden, Freunde und Nachbarskinder. Und plötzlich befindet sich dieses ausgelassene, normale Mädchen in kleinen Räumlichkeiten mit verdunkelten Fenstern. Muss sich verstecken, zusammen mit einer anderen Familie, die ihr fremd ist. Muss dem Druck des Zusammenlebens standhalten, sich das Schlafzimmer mit einem älteren Mann teilen, an den Herausforderungen wachsen, ohne selbst auf der Strecke zu bleiben. Gleichzeitig wird sie sich der Veränderung ihres jugendlichen Körpers bewusst, ihrer sexuellen Gefühle, die mit dem Verliebtsein einhergehen.

All das hielt sie in ihrem Tagebuch fest. Am wichtigsten ist womöglich, dass Anne Anfang 1944 begann, dieses zu überarbeiten. Sie hatte eine Radiosendung der niederländischen Regierung über die Notwendigkeit von Aufzeichnungen über die Besatzung gehört und hegte die vage Hoffnung, dass ihr Tagebuch veröffentlicht werden könnte. So erweiterte sie es um einige für sie wichtige Episoden und löschte hingegen andere.

Den Vergleich zum Tagebuch in Romanform kann ich leider nicht 1:1 ziehen - dazu ist es schon zu lange her, ich habe das ungekürzte Original im Schulunterricht gelesen und besprochen -, aber mir ist aufgefallen, dass hier nicht nur die erschreckenden Grausamkeiten wiedergegeben werden, sondern man Anne auch als Mädchen kennenlernt, das sich - wie oben beschrieben - mit ganz alltäglichen Dingen wie dem Erwachsenwerden beschäftigt.

In der zweiten Version beschäftigte sich Anne primär mit Themen wie Feminismus, jüdische Identität und der Frage, wer ihr Tagebuch wohl lesen würde. Der letzte Eintrag am 1. August 1944 spiegelt Annes innere Zerrissenheit deutlich wider: "Ich bin zweigeteilt".
Drei Tage später stürmte eine Gruppe deutscher Polizisten in das Nebengebäude und verhaftete alle Bewohner. Nach einem Monat im niederländischen Durchgangslager Westerbork, was als KZ-Sammellager fungierte, wurde die Gruppe zum letzten Transport nach Auschwitz versetzt. Bis Mai 1945 waren alle (außer Annes Vater Otto Frank) tot.

Diese Graphic Novel ist perfekt, um die Jüngeren mit diesem Thema vertraut zu machen und sie an diese Zeit in der Geschichte heranzuführen. Hier wird sehr klar deutlich, dass man Geschichte auch aus anderen Blickwinkeln interessant darstellen und so eine größere Zielgruppe erreichen kann. Die fiktiven Dialoge wurden grafisch als Erzählstränge umgesetzt, so wie man es aus ähnlichen Graphic Novels kennt.

Man könnte sich jetzt fragen, ob durch die Bilder nicht etwas von der Atmosphäre verloren geht. Ob die bedrückende Enge, von der Anne erzählt, überhaupt noch zu einer solchen Gänsehaut führt wie bei ihrem Tagebuch in Romanform. Ich sage euch: Vergesst eure Bedenken. Lasst euch auf die Geschichte in dieser Form ein, egal ob ihr sie schon kennt oder nicht. Lasst die Bilder auf euch wirken und Annes Gedanken Gestalt annehmen. Die Bilder geben genug Raum, Annes Eindrücke zu zeigen und sind dennoch nicht aufdringlich, sondern vielmehr zurückhaltend. Ich hatte beim Lesen das Gefühl, dass hier mehr der Text im Vordergrund steht als die Zeichnungen - was ich sehr gut finde.

Persönliches Fazit: Im Nachwort heißt es von Ari Folman: “Unser Ziel war stets, den Geist Anne Franks in jedem einzelnen Bild zu bewahren.” Das ist ihnen mit dieser Graphic Novel großartig gelungen. Eine bewunderswerte, mitreißende Adaption.
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Bibliografie:

Autoren: Anne Frank, Ari Folman, David Polonsky
Verlag: S. Fischer
ISBN-13: 978-3-10-397253-5
Reihe: -
Genre: Graphic Novel, Zeitgenössische Literatur, Biografie
Erscheinungsdatum: 05.10.2017
Seitenanzahl: 160
Format: HC: 20,00 € / E-Book: 12,99 €
Leseprobe: Blick ins Buch
Leseexemplar: Ja


Rezension: © RO, Juliette
Cover Original: © S. Fischer Verlag
Grafikgestaltung: Darren

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