Inhaltsangabe:
In einer kleinen Wohnung am Rande der Metropole Seoul lebt Kim Jiyoung. Die Mitdreißigerin hat erst kürzlich ihren Job aufgegeben, um sich um ihr Baby zu kümmern – wie es von koreanischen Frauen erwartet wird. Doch schon bald zeigt sie seltsame Symptome: Jiyoungs Persönlichkeit scheint sich aufzuspalten, denn die schlüpft in die Rollen ihr bekannter Frauen. Als die Psychose sich verschlimmert, schickt sie ihr unglücklicher Ehemann zu einem Psychiater. Nüchtern erzählt eben dieser Psychiater Jiyoungs Leben nach, ein Leben bestimmt von Frustration und Unterwerfung. Ihr Verhalten wird stets von den männlichen Figuren um sie herum überwacht – von Grundschullehrern, die strenge Uniformen für Mädchen durchsetzen; von Arbeitskollegen, die eine versteckte Kamera in der Damentoilette installieren und die Fotos ins Internet stellen. In den Augen ihres Vaters ist es Jiyoung’s Schuld, dass Männer sie spät in der Nacht belästigen; in den Augen ihres Mannes ist es Jiyoung’s Pflicht, ihre Karriere aufzugeben, um sich um ihn und ihr Kind zu kümmern.
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„Kim Jiyoung, geboren 1982“ gehört in die Kategorie #malwasanderes und wir wollen euch diesen kontrovers diskutierten Bestseller auf keinen Fall vorenthalten.
Kim Jiyoung, eine junge gebildete Frau, wächst in einer von Sexismus bestimmten Männerwelt auf. Bereits als Kind muss sie lernen, dass Mädchen und Frauen für ihre Brüder, Väter, Ehemänner die eigenen Bedürfnisse zurückzustellen haben. Bis ins Erwachsenenalter schafft sie es nicht, sich aus dem vorgegebenen Rollenbild zu lösen. Dem Druck, der auf ihr lastet, ist sie nicht länger gewachsen. Ohne es zu merken, flüchtet sie sich in ihr bekannte Frauenbilder, die ihren Gedanken eine Stimme geben. Der ständige Verzicht sowie die an sie gestellten Erwartungen zerren an ihrer psychischen Gesundheit.
„Im Jahr 2014, dem Jahr als Jiyoung ihre Arbeit aufgab, kündigte jede fünfte verheiratete Südkoreanerin ihren Job wegen Heirat, Schwangerschaft oder Kinderbetreuung beziehungsweise Kindererziehung.“ (Zitat, Seite 196)
Jiyoung ist kaum älter als ich. Das Gesellschaftsbild, in dem sie aufwächst und lebt, die Rolle, die sie zu spielen hat, sind für mich jedoch unvorstellbar. Jiyoungs Geschichte hat mich betroffen gemacht. Denn es ist noch mal etwas ganz anderes, sich mit einem individuellen Schicksal, das auf wirklich jeder Frau lasten könnte, auseinanderzusetzen. Dieser Roman schafft Nähe und kratzt intensiv an unseren Emotionen.
Cho Nam-Joo erzählt die Geschichte in einer klaren Sprache aus der Sicht des behandelnden Psychiaters. Sein objektiver Blick auf die Dinge verstärkt die eigentliche Dramatik der Story. Sämtliche Figuren sind glaubwürdig gezeichnet. Kim Jiyoung ist dabei besonders tiefgründig gestaltet. Sie fordert unser Mitgefühl und lässt uns darüber nachdenken, welche Folgen gefestigte Rollenbilder auf unser Leben haben.
Persönliches Fazit: Dieses Buch regt zum Nachdenken an. Jede(r) von uns wird die ein oder andere Situation so oder ähnlich schon einmal selbst erlebt haben. Cho Nam-Joo rüttelt auf. Sie zeigt schonungslos Missstände auf und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Dass dieser Roman auf massenhafte Proteste gestoßen ist, spricht für sich. Dieses Buch hat unsere Aufmerksamkeit in jedem Fall verdient!
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Bibliografie:
Autorin: Cho Nam-Joo
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
ISBN: 978-3-462-05328-9
Reihe: -
Genre: Roman
Erscheinungsdatum: 11.02.2021
Seitenzahl: 208
Leseprobe: Blick ins Buch
Leseexemplar: Nein
Rezension: © RO, Franziska
Cover Original: © KiWi-Verlag
Grafik: © RO, Darren Shan
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