L. I. Messina - Die Telefonzelle a. E. d. Welt

Ich kann kaum in Worte fassen, was dieses Buch mit mir gemacht hat...

Inhaltsangabe:

Eine Tagesfahrt von Tokio entfernt steht in einem Garten am Meer einsam eine Telefonzelle. Nimmt man den Hörer ab, kann man dem Wind lauschen – und den Stimmen der Vergangenheit. Viele Menschen reisen zu dem Telefon des Windes, um mit ihren verstorbenen Angehörigen zu sprechen und um ihnen die Dinge zu sagen, die zu Lebzeiten unausgesprochen blieben. So kommt eines Tages auch Radiomoderatorin Yui an den magischen Ort. Im Tsunami von 2011 verlor sie ihre Mutter und ihre kleine Tochter. Yui lernt in dem Garten den Arzt Takeshi kennen, auch er muss ein Trauma verarbeiten. Die beiden nähern sich an, gemeinsam schöpfen sie neuen Mut. Und erlauben sich zum ersten Mal, dem Leben einfach seinen Lauf zu lassen. Ganz gleich, was es für sie vorgesehen hat ...
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Eines Tages erfährt Radiomoderatorin Yui von einem Zuhörer, dass es eine ganz besondere Telefonzelle am Hang des Kujirayama in Ôtsuchi, an der Küste Nordostjapans, gibt. Seit dem Tsunami im März 2011, durch den auch Yui selbst schwere Verluste erlitt, reisen viele Trauernde hin, um den Stimmen der Vergangenheit zu lauschen. Und genau in diesem Moment, während ich verzweifelt überlege, welche Worte dem gerecht werden, was ich gelesen habe, kommen mir Tränen.

Yui ist mir sofort ans Herz gewachsen. Was ihr widerfahren ist, wünsche ich wirklich niemandem. Ihre tragische Geschichte hat mich so manche Emotion durchleben lassen, sodass Yui mir nach alldem wie eine gute Freundin vorkommt. Eine, die ich beschützen möchte und der ich alles erdenklich Gute dieser Welt wünsche. Denn das hat sie verdient.

Auch die andere Figur in diesem wundervollen Roman konnte sich in mein Herz schleichen: Takeshi. Ein Arzt, den Yui in Bell Gardia kennenlernt. Dem magischen Ort, der die Telefonzelle beherbergt. Dort treffen sie aufeinander und finden den Halt, den sie so lange und dringend gesucht haben.

Die Autorin hat einen wahnsinnig bildgewaltigen, fesselnden Stil, dass man ihren Worten nicht entkommt. Man wird sogartig hinfortgetrieben, von Welle zu Welle gespült, in die Unendlichkeit der Tiefe gezerrt und zurück an die Oberfläche geschubst, wo warme Sonnenstrahlen tröstend auf einen warten. Manchmal jedoch verliert sie sich in ihren Erzählungen und Beschreibungen, sodass diese besondere Anziehungskraft etwas nachlässt.

Und immer wieder habe ich mich gefragt, was ich tun würde, wenn solch ein Ort für mich erreichbar wäre. Würde ich mit jenen sprechen wollen, die mich verlassen mussten? Wäre ein "Ich vermisse dich" zu wenig der Worte? Und wie würde ich damit klarkommen, wenn ich aufgrund vieler anderer Trauernden nicht dazu käme, den Stimmen der Vergangenheit zu lauschen?

Persönliches Fazit: Selten habe ich so viel nach Beenden eines Buches über dieses nachgedacht wie es hier der Fall war. Es hat mich enorm berührt, mir Licht gegeben, wo Dunkelheit war, mich träumen und wünschen lassen und wird mich womöglich nie mehr loslassen. Eine poetische Geschichte über einen magischen Ort, den es tatsächlich gibt. Bitte lesen!
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Bibliografie:

Verlag: btb
ISBN: 978-3-442-75896-8
Reihe: -
Genre: Roman
Erscheinungsdatum: 15.03.2021
Seitenanzahl: 352
Format: HC: 20,00 € / E-Book: 15,99 €
Leseprobe: Blick ins Buch
Leseexemplar: Ja

Rezension: © RO, Julie
Grafik: © penguinrandomhouse
 

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